Fluggastrechte in Gefahr: Airlines profitieren auf Kosten der Passagiere
Die Debatte um die Reform der Fluggastrechteverordnung EG 261 ist diese Woche wieder in Fahrt gekommen — und leider sieht es so aus, als würden die Reisenden den Kürzeren ziehen. Geplant ist eine Erhöhung der Wartezeitgrenzen, bevor Entschädigungen fällig werden: Statt der bisherigen drei Stunden sollen Verzögerungen in Zukunft erst nach bis zu sechs Stunden ausgeglichen werden, bei Verbindungen innerhalb der EU und auf Kurzstrecken sogar erst nach vier Stunden. Wenn du jetzt denkst „Hä?“, bist du nicht allein: Viele innereuropäische Flüge dauern durchschnittlich nur rund zwei Stunden. Die Veränderung würde also praktisch bedeuten, dass deutlich mehr Ärger toleriert wird, ohne dass die Airline dafür zahlen muss.
Richtig bitter wird es, wenn man das Ganze mit den Zahlen der Branche kombiniert. Fluglinien haben zuletzt wieder kräftig verdient — Expansion der Routen, dichterer Flugplan und eine starke Nachfrage haben vielen Airlines satte Gewinne beschert. Ein Beispiel: Brussels Airlines kam 2023 wieder in die schwarzen Zahlen und meldete ein bereinigtes operatives Ergebnis im Bereich von etwa fünfzig bis sechzig Millionen Euro. Gleichzeitig verhandeln Kabinenpersonal und Piloten noch über Löhne und Arbeitsbedingungen; Streiks haben bereits gezeigt, dass die Lage angespannt ist. Aus Sicht vieler Verbraucherschützer und Anspruchsvermittler ist das Ergebnis klar: Die Politik scheint den Profitinteressen der Branche mehr Gewicht zu geben als dem Schutz der Passagiere.
Wer genau profitiert, ist leicht auszurechnen. Lobbygruppen der Luftfahrtindustrie drücken auf Lockerungen, die kurzfristig Kosten senken — weniger Entschädigungen, großzügigere Regeln für Gepäckzuschläge und flexible Tarifbausteine, die am Ende beim Kunden landen. Kritiker wie Tomasz Pawliszyn von AirHelp warnen, dass Reisende dadurch Milliarden an Ansprüchen verlieren könnten; der dänische Verbraucherrat hat entsprechende Berechnungen veröffentlicht, die massive Einbußen zeigen. Mir kommt das vor wie eine schiefe Waage: Auf der einen Seite glänzende Quartalszahlen, auf der anderen frustrierte Fluggäste, die auf Versprechen und Entschädigungen sitzen bleiben.
Was kannst du jetzt tun? Erstmal: Ruhe bewahren — aber wachsam sein. Bewahre Bordkarten, E‑Mails und Quittungen auf, dokumentiere Verspätungen mit Fotos oder Screenshots und informiere dich über die aktuellen Regeln der EG 261, solange sie noch gelten. Prüfe zudem, ob sich ein Anspruch über Dienstleister lohnt, und vergleiche ihre Konditionen. Wenn dir das Thema auch stinkt: Schreib deinen Abgeordneten, unterstütze Verbraucherschützer oder mach in sozialen Medien auf Fälle aufmerksam — Lobbydruck kannst du zwar nicht alleine brechen, aber öffentliche Empörung hat schon Entscheidungen beeinflusst. Mir persönlich bleibt ein mulmiges Gefühl: Wenn Gesetze zugunsten großer Konzerne nachjustiert werden, zahlt am Ende oft der, der am wenigsten Gewicht hat — nämlich du als Passagier.